In der letzten Ratssitzung hat die die Koalition aus Grünen, SPD und UWG auf unsere Initiative den folgenden Text beantragt, der vom Rat der Stadt Lohmar einstimmig als Haushaltsbegleitbeschluss beschlossen wurde und sich insbesondere an das Land NRW wendet:
Der Rat der Stadt Lohmar beschließt die folgende Resolution und richtet diese an den Ministerpräsidenten des Landes NW sowie den Präsidenten des Landtages, verbunden mit der Bitte diese als Zuschrift den Landtagsabgeordneten zu übermitteln.
Das Fundament unseres föderalen Staates sind die Kommunen, welche die Krise an vorderster Linie zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vielen Ehrenamtlichen bewältigen müssen. Unsere Städte und Gemeinden als kommunaler Ort der Demokratie können diese Aufgaben nur schultern, wenn sie handlungsfähig sind und bleiben. Neben ausreichenden Personalausstattungen brauchen unsere Kommunen vor allem das dazu notwendige Geld. Wie in so vielen Bereichen unseres Gemeinwesens wirkt „Corona“ auch hier wie ein „Brennglas“ und zeigt schonungslos Schwachstellen auf. So erlangt auch die anhaltende strukturelle Finanzmisere der nordrhein-westfälischen Kommunen in der Krise eine neue Brisanz. Diese Brisanz lässt sich auch durch kommunale Steuerhöhungen kaum lindern, wie sie in fast allen Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises in der Finanzplanung spätestens für das Jahr 2022 vorgesehen sind. Wenn Bund und Land jetzt nicht zügig handeln, drohen die Kommunen in eine finanzielle, infrastrukturelle und folglich auch soziale Abwärtsspirale zu rutschen.
In vielen Bereichen explodieren kommunale Kosten. Wenn auch der bereits entstandene Schaden aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Haushaltsabschlussverfahren noch nicht beziffert werden kann, ist von zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe auszugehen. Mit dem Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie resultierenden Belastungen der kommunalen Haushalte im Land Nordrhein-Westfalen (NKF-CIG) hat das Land zwar eine kurzfristige Möglichkeit geschaffen, die zusätzlichen Kosten bilanzneutral darzustellen. Finanziert werden diese zusätzlichen Ausgaben aber zu einem Großteil über zusätzliche Liquiditätskredite. Damit droht die Corona-Pandemie die in den vergangenen Jahren erzielten Erfolge beim Ausgleich kommunaler Haushalte in NRW wieder zunichte zu machen. Dies ist umso schlimmer, weil die Quote der öffentlichen Investitionen in NRW schon heute weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt und dies negative Folgen für Wirtschaft und Infrastruktur mit sich bringt.
Es sind jedoch nicht nur die steigenden Kosten, die die Verschuldung der nordrhein-westfälischen Kommunen wieder in die Höhe treiben. Noch dramatischer wirken sich die Steuereinbrüche aus. Bereits im April 2020 ging der ehemalige Kämmerer der Stadt Bochum, Dr. Manfred Busch, in einem Gutachten davon aus, dass auf die Kommunen je nach weiterem Verlauf der Krise in den Jahren 2020 und 2021 Verluste in Höhe von rd. 4,5 – 9 Milliarden Euro zukommen würden. Diese Zahlen werden leider aufgrund des seinerzeit noch nicht eingepreisten monatelangen Teil-Lockdowns im Winter 20/21 inzwischen noch übertroffen werden. Auch für die kommenden Jahre rechnet u.a. der Städte- und Gemeindebund NRW mit einer gravierenden Haushaltslücke. Schon auf Basis der Steuerschätzung des vergangenen Novembers ging der StGB bis 2024 von zwei Milliarden Euro pro Jahr aus, die den nordrhein-westfälischen Kommunen fehlen werden.
Vor diesem Hintergrund muss die Landesregierung endlich zügig handeln und die bislang nur für das Jahr 2020, teilweise auch für 2021, beschlossenen Maßnahmen nicht nur fortschreiben, sondern weiterentwickeln. Es reicht dauerhaft nicht aus, Vorschüsse auf die Verbundmasse der Gemeindefinanzierung zu gewähren. In Anlehnung zum Gesetz zum Ausgleich von Gewerbesteuermindereinnahmen der Gemeinden in Folge der COVID-19-Pandemie durch Bund und Länder (GewStAusgleichsG) brauchen die nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden, aber auch die kommunalen Unternehmen, in den kommenden Jahren auch weiterhin echte Zuschüsse von Bund und Land.
Bund und Land müssen endlich eine auskömmliche Finanzierung der den Kommunen übertragenen Aufgaben und eine angemessene Beteiligung an den sozialen Transferaufwendungen sicherstellen. So müssen die Kosten für Unterbringung, Integration und Lebensunterhalt geflüchteter bzw. geduldeter Menschen endlich fair und kostendeckend finanziert und das Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) entsprechend angepasst werden.
Aktuell sorgt zu Recht erneut ein weiteres Thema für Unmut bei Kommunen und Eltern. Die Landesregierung NRW verweigert bis jetzt die hälftige Übernahme der Elternbeiträge für Kitas und OGATAS im Monat Februar. Eltern und Kommunen erwarten, dass sich das Land fairerweise beteiligt, wie dies bis Januar galt. Es ist nicht akzeptabel, dass das Land seit Wochen eine Entscheidung über die Frage vor sich herschiebt, ob und wie es sich an der Erstattung der Elternbeiträge für Kitas und die Offene Ganztagsschule für den Monat Februar beteiligt. Die Landesregierung hatte die Eltern ausdrücklich dazu aufgefordert, die Kinder auch im Februar überwiegend zu Hause zu betreuen. Eine Mehrheit der Familien ist diesem Appell gefolgt. Die Eltern erwarten daher zu Recht, dass die Kommunen auf die Gebühren für Kitas und Offene Ganztagsschulen für Februar verzichten. Diese Erwartung können die Kommunen aber nicht ohne Unterstützung des Landes erfüllen. Die Eltern können nicht akzeptieren, wenn sie dieses Mal nur die Hälfte der Beiträge erstattet bekommen, weil das Land sich drückt.
Vor diesem Hintergrund fordert der Rat der Stadt Lohmar von der Landesregierung und dem Landtag NW:
- Nach dem Vorbild des Gesetzes zum Ausgleich von Gewerbesteuermindereinnahmen der Gemeinden in Folge der COVID-19-Pandemie durch Bund und Länder (GewStAusgleichsG), muss umgehend eine Ausgleichsregelung für die kommunalen Einnahmeausfälle aus der Gewerbe– und Einkommensteuer für die Jahre 2021 und 2022 verbindlich zugesagt werden.
- Das Land soll umgehend Verhandlungen mit der Bundesregierung mit dem Ziel aufnehmen, um analog zum GewStAusgleichsG eine Beteiligung des Bundes an den Kompensationszahlungen durchzusetzen.
- Das Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie folgenden Belastungen kommunaler Haushalte in NRW (NKF-CIG) ist um eine angemessene Beteiligung des Landes an der Tilgung der Kredite zur Finanzierung der kommunalen „Sondervermögen“ zu ergänzen.
- Die Kompensation der Steuerausfälle im Rahmen der Verbundmasse des Gemeindefinanzierungsgesetzes muss auch für das Jahr 2022 sichergestellt und als echter, in den Folgejahren nicht anzurechnender, Zuschuss des Landes gewährt werden.
- Im Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden ist durch das Land NRW umgehend für eine kostendeckende Finanzierung der Kommunen zu sorgen, um die bislang auf die Kommunen abgewälzten Folgekosten für die Ausstattung digitaler Infrastruktur von Schulen, Schülerinnen und Schülern sowie der Lehrerinnen und Lehrer dauerhaft kostendeckend zu gewährleisten.
- Die im Dezember 2020 getroffene Vereinbarung zwischen Land und Kommunen zur Übernahme der Kosten aus dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) ist umgehend umzusetzen um eine angemessene Kostenbeteiligung des Landes sicherzustellen – insbesondere bei den Kosten für „geduldete“ Menschen.
- Die vom Land, abweichend vom Januar 2021 und entsprechenden Regelungen im Vorjahr, für Februar 2021 bisher nicht zugesagte hälftige Übernahme der erlassenen Gebühren für Kitas und Ogatas ist umgehend durch das Land den Kommunen zuzusagen und entsprechend zu überweisen. Gleiches gilt für weitere Monate in dem Fall, dass wegen einer erneuten Verschärfung der Pandemie die Landesregierung die Eltern erneut dazu auffordert, die Kinder zu Hause zu betreuen.
Horst Becker MdL
Parlamentarischer Staatssekretär i.R.
Vorsitzender der Fraktion
GRÜNE für Lohmar im Stadtrat