fbpx

Kritikwürdiges Vorgehen der DLR führt zu Verharmlosung der Folgen des nächtlichen Fluglärms

„Die Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) verharmlost die Folgen der nächtlichen Lärmbelastung durch den Nachtflug und war von vorneherein nicht korrekt angelegt. Die DLR betätigt sich damit als Industrie-Lobbyist!“ So kommentierte Horst Becker, Bezirksvorsitzender der GRÜNEN und Fluglärmexperte seiner Partei die heute in Berlin vorgestellte Studie der DLR.

Horst Becker, der auch für die Stadt Lohmar Mitglied der Fluglärmkommission ist, kritisiert:
Weil bei der Auswahl die 192 Probeschläfer aus der Nachbarschaft des Flughafens alle im Alter von 18 bis 65 Jahren und gesund sein mussten, ist für das Studiendesign und die Ergebnisse der DLR-Untersuchung festzustellen: Die Ergebnisse der DLR-Studie sind nicht repräsentativ und nicht wirklich aussagefähig! In ihr fehlen wichtige Bestandteile der Bevölkerung. Wenn alle Menschen unter 18 und über 65 sowie alle kranken Menschen ausgeblendet werden, dann handelt es sich bestenfalls noch um die Hälfte der Bevölkerung.

Während sich auch nach Angaben aus der DLR-Studie die Schlafphasen verschoben haben, bleiben bezüglich des Nachweises signifikanter Störungen der Schlafstruktur bei der DLR-Studie viele Fragen offen. Die Messung der Cortisolausschüttung ist alleine nicht aussagefähig wenn nicht gleichzeitig überprüft wird wie synchron oder asynchron dies zu den Schlafphasen verläuft. Die Hormonuntersuchungen des DLR haben daher keine durchschlagende Beweiskraft.

„Offensichtlich werden nun die Ergebnisse der Studie von Flughafenbetreibern und Lobbyisten der Luftfahrtindustrie als politische Waffe gegen die langjährigen Forderungen aus der Bevölkerung nach Fluglärmminimierung vor allem in der Nacht umgebogen. Im Vorfeld der Novellierung des Fluglärmgesetzes auf Bundesebene ist diese Absicht all zu durchsichtig.“, erklärt Horst Becker. „Samels These, die nun von der DLR verbreitet wird, dass bei Ausschöpfung der technisch machbaren Schallreduzierung und deren konsequenter Umsetzung solch eine Lärmverringerung erreicht werden könne, damit das Wachstum im Flugverkehr unverändert fortschreiten könne, zeugt eher von naiver Technikgläubigkeit als von wissenschaftlicher Seriösität. Dass die Gesundheitsschädlichkeit des Fluglärms zu relativieren sei, gibt die Studie  her. Beide Aussagen sind unseriös. Herr Samel erweckt aber gezielt diesen Eindruck. Er setzt damit sich und die DLR dem Verdacht aus, unkritischer Stichwortgeber für die Luftfahrtindustrie-Lobby zu sein. Hier erwarten wir mehr Distanz von einer Institut, das aus öffentlichen Haushaltsmitteln gefördert wird.“, kritisiert Horst Becker.

Aus alledem ergibt sich aus meiner Sicht klar, dass es endlich zu einer epidemiologischen Studie kommen muss, bei den die Auswirkungen von nächtlichem Fluglärm untersucht werden. Es spricht aus meiner Sicht sehr viel dafür, dass die spezielle Belastung aus nächtlichem Fluglärm zumindest die gleichen Folgen hat, wie jene, die bei einer Untersuchung des Umweltbundesamtes (UBA) in Berlin im Jahre 2003 festgestellt worden sind. Damals wurden als Folgen von Verkehrslärm in einem Wohngebiet u.a. höhere Risiken für Erkrankungen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck (Hypertonie) und Herzinfarkt sowie Stoffwechselerkrankungen wie erhöhter Blutzucker und erhöhte Blutfette und auch allergische Erkrankungen gefunden. Das UBA plädierte daher für Lärmminderungen zum Schutz der Nachtruhe, um nachteilige Wirkungen auf die Gesundheit zu verhindern.

Eine wirklich aussagefähige epidemiologische Studie wird bisher vom Flughafen und von den Nachtflugbefürwortern in Politik und Ministerien aber so gefürchtet, dass bis heute keine solche Studie vorgenommen wurde und stattdessen mit dem fragwürdigen Studiendesign der DLR-Studie gearbeitet wird.

Horst Becker

Presse-Information 04/2003 des Umweltbundesamtes

Mehr Verkehrslärm – höherer Blutdruck! Neue UBA-Studie bestätigt Zusammenhang zwischen Straßenverkehrslärm und Krankheitshäufigkeit.

Menschen aus stark mit Verkehrslärm belasteten Wohngebieten sind häufiger wegen Bluthochdrucks in ärztlicher Behandlung als diejenigen, die an weniger belasteten Straßen wohnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) mit über 1.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA). Besonders deutlich ist der Zusammenhang zwischen Bluthochdruck-Behandlungen und der nächtlichen Lärmbelastung. Dabei ist das Erkrankungsrisiko größer, wenn die Betroffenen bei offenem Fenster schlafen.

Schon häufig hat das UBA auf die Umweltlärm-Problematik sowie eine mögliche Risiko-Erhöhung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Bewohnerinnen und Bewohnern von stark mit Verkehrslärm belasteten Wohngebieten hingewiesen. An einem jetzt abgeschlossenen Forschungsprojekt im Rahmen des „Aktions-programms Umwelt und Gesundheit (APUG)“ des Bundesgesundheits-ministeriums (BMGS) und des Bundesumweltministeriums (BMU) nahmen über 1.700 Menschen aus Berlin teil.

Die Teilnehmenden wurden in regelmäßigen Abständen vom Robert Koch-Institut (RKI) auf ihren Gesundheitszustand hin untersucht. Sie füllten einen Fragebogen zur Störung durch Lärm in ihrem Wohnumfeld aus und machten Angaben zur Lage ihrer Wohn- und Schlafräume im Hinblick auf die Lärmquelle. Mit Hilfe der Lärmkarte der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurde der mittlere Straßenverkehrslärmpegel tags und nachts außen vor den Wohnungen bestimmt. In ärztlichen Interviews wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie nach ärztlichen Behandlungen seit der letzten Untersuchung durch das RKI sowie im Laufe ihres gesamten Lebens befragt (Krankheits-Prävalenz). Zu den dabei betrachteten Krankheiten gehörten Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Blut-hochdruck (Hypertonie), Herzinfarkt, Stoffwechselerkrankungen – wie erhöhter Blutzucker und erhöhte Blutfette – sowie allergische Erkrankungen.

Statistisch gesicherte Zusammenhänge zwischen dem Lärm und der Prävalenz von Krankheiten ergaben sich bezüglich Bluthochdrucks. Dabei wurden andere Faktoren, die den Blutdruck beeinflussen – zum Beispiel Lebensalter, Körpergewicht und soziale Schicht – berücksichtigt. Der Studie zufolge hatten Menschen, die nachts vor ihrem Schlafzimmerfenster einen mittleren Schallpegel von 55 Dezibel oder mehr hatten, ein fast doppelt so hohes Risiko, wegen Bluthochdrucks in Behand-lung zu sein, wie diejenigen, bei denen der Mittelungspegel unter 50 Dezibel lag. Das relative Risiko war größer, sofern nur Personen betrachtet wurden, die bei offenem Fenster schliefen. Zusammenhänge mit anderen Krankheiten – zum Beispiel erhöhte Blutfette oder Migräne – deuteten sich ebenfalls an, konnten statistisch jedoch nicht gesichert werden.

Die Ergebnisse zum Bluthochdruck stehen im Einklang mit Ergebnissen früherer Untersuchungen des UBA, in denen sich ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei stärker mit Lärm belasteten Menschen zeigte. Das UBA plädiert daher für Lärm-minderungen zum Schutz der Nachtruhe, um nachteilige Wirkungen auf die Gesundheit zu verhindern.

Berlin, 28.02.2003

Der Forschungsbericht „Epidemiologische Untersuchungen zum Einfluss von Lärmstress auf das Immunsystem und die Entstehung von Arteriosklerose“ ist in der Reihe WaBoLu-Hefte des Umweltbundesamtes als Nr. 01/03 erschienen, umfasst 402 Seiten und kostet 10 Euro. Er ist erhältlich bei Werbung und Vertrieb, Ahornstraße 1-2, 10787 Berlin, Telefon 030 / 2 11 60 61, Fax 2 18 13 79. Eine Bestellung ist auch im Internet unter http://www.umweltbundesamt.de, Stichwort „Publikationen“, möglich.

Hinweis für die Presse: Einzelheiten zur Studie und weitere Hintergründe gibt es beim Umweltbundesamt, Fachgebiet II 2.1, Dr. Wolfgang Babisch, Telefon: 030 / 89 03-1370.

X