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Kein Demokratieabbau für Wahlen von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern – für eine Beibehaltung von Stichwahlen!

Wir beantragen, der Rat möge die folgende Resolution beschließen und sie an den Landtagspräsidenten als Zuschrift senden, verbunden mit der Bitte um Weitergabe an alle Landtagsabgeordneten:
Kein Demokratieabbau für Wahlen von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern – für eine Beibehaltung von Stichwahlen!

  1. Der Stadtrat der Stadt Lohmar spricht sich entschieden gegen eine Abschaffung der Stichwahl für das Amt von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus.
  2. Er begründet das wie folgt: 2009 hatte die damalige CDU/FDP‐Koalition die Stichwahl abgeschafft. Der Verfassungsgerichtshof hat dies am 5. Mai 2009 seinerzeit für rechtmäßig erklärt. Allerdings hatte er im Rahmen seiner „Leitsätze“ erklärt: „Der Gesetzgeber ist allerdings gehalten, die Wahlverhältnisse daraufhin im Blick zu behalten, ob das bestehende Wahlsystem den erforderlichen Gehalt an demokratischer Legitimation auch zukünftig zu vermitteln vermag. Ändern sich die tatsächlichen oder normativen Grundlagen wesentlich, kann sich hinsichtlich der Zulässigkeit der Direktwahl der Bürgermeister und Landräte auf der Basis eines einzigen Wahlgangs mit relativer Mehrheit eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung ergeben.“ Dieser Hinweis wurde deswegen gegeben, weil bei der damaligen Einführung keine Erfahrung aus NRW für die Wahl von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ohne Stichwahl bei fehlender absoluter Mehrheit im ersten Wahlgang vorlagen. Die Erfahrungen aus dem Wahlgang 2009 zeigten allerdings folgendes Ergebnis: Der Wegfall der Stichwahl führte dazu, dass die Parteien, die nicht davon ausgehen konnten, mit ihren Bewerberinnen oder Bewerber im einzigen Wahlgang vorne zu liegen, im Vorfeld oft Bündnisse eingingen. So wurde die Auswahl durch die Wählerschaft erheblich eingeschränkt, weil diesen die Möglichkeit entzogen wurde, durch ihre Stimmabgabe über die aussichtsreichsten Kandidatinnen oder Kandidaten der mittelgroßen und kleineren Parteien zu entscheiden. Auch dies war ein Grund dafür, dass der Landtag 2011 mit einer Mehrheit von SPD, GRÜNEN, FDP und Linken die Stichwahl zur Kommunalwahl 2014 wieder einführte.
    Ein weiteres Argument gegen die Abschaffung der Stichwahl ist, dass inzwischen durch die Zersplitterung der kommunalen Parteienlandschaft tendenziell immer niedrigere Ergebnisse in einem Wahlgang ausreichen können, um das Amt de Bürgermeisterin oder
    des Bürgermeisters zu erreichen und sich auch so die tatsächliche Grundlage geändert hat. Hinzu kommt, das ausweislich der Wahlen zum Amt der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters in den Jahren 2014 und 2015 keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass die Wahlbeteiligung in einem zweiten Wahlgang grundsätzlich niedriger ist.
  3. Vor diesem Hintergrund, und dem oben zitierten Leitsatz des Verfassungsgerichtshofes, betont der Stadtrat seine Auffassung, dass eine Abschaffung der Stichwahl den Einfluss der Wählerschaft auf die Wahl von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern erheblich einschränken würde und der erforderliche Gehalt an demokratischer Legitimation nach den Erfahrungen der Wahlen aus den Jahren 2009 und 2014 einerseits und 2014/2015 andererseits durch eine Abschaffung nicht mehr gegeben wäre.

Begründung:

Auch wenn der Verfassungsgerichtshof 2009 die damalige Abschaffung der
Stichwahl für verfassungsgemäß erklärte, so stellt sich heute die Sachlage grundlegend anders dar. Insbesondere von der CDU wird oft argumentiert, dass die Beteiligung an vielen Stichwahlen vielerorts niedriger sei, als im ersten Wahlgang. Doch während dies 1999 und 2004 noch so war, stellt sich die Situation heute grundlegend anders dar. Bei den Bürgermeisterwahlen 2014 und 2015 war bei 76 Stichwahlen in 59 Gemeinden sogar ein Anstieg der absoluten Stimmenzahl für den siegreichen Kandidaten festzustellen. Nach dem vierten Leitsatz aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Mai 2009 hat der Gesetzgeber aber die Pflicht zu prüfen, ob ein
Wahlsystem ohne Stichwahl „den erforderlichen Gehalt an demokratischer Legitimation auch zukünftig vermittelt“. Bisher liegt keine eine schlüssige Prüfung der Landesregierung oder der CDU/FDP‐Mehrheit in dieser Sache vor und es ist anhand der Zahlen auch nicht zu erwarten, dass eine solche Nachweisführung zum einem erneuten Wegfall der Stichwahl gelingen kann.
Dies alles lässt den Schluss zu, dass es sich bei dem Vorstoß der CDU im Landtag unter Mitwirkung der FDP darum handelt, CDU‐Kandidatinnen und Kandidaten in einer sich ausdifferenzierenden kommunalen Parteienlandschaft einen undemokratischen Vorteil zu verschaffen.

Mit freundlichen Grüßen,
Charly Göllner, Claudia Wieja, Horst Becker

Zum Antrag als pdf

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