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Haushaltsrede 2022

Nachfolgend finden Sie unsere Haushaltsrede zum Haushalt 22/23 sowie unseren Antrag zum Haushaltsbegleitausschuss:

Rede Horst Becker, Fraktionsvorsitzender Grüne zum Haushalt 22/23

Anrede

Vor zwei Jahren waren wir grade in ersten Lockdown einer Pandemie, von der vorher keiner ahnte,

vor einem Jahr wurden grade mal die ersten 70-Jährigen außerhalb der Heime geimpft;

Im letzten Sommer traf auch 900 Lohmarer das Hochwasser hart, wenn auch zum Glück nicht so hart wie die Linksrheiner oder die Menschen an der Ahr;

Und heute: Krieg mitten in Europa! Krieg, den wahrscheinlich in dieser Form viele von uns noch Sylvester für völlig unmöglich erklärt hätte und dessen schreckliche Bilder jeden Abend über die Bildschirme flimmern. Es kommen wieder viele Flüchtlinge und, so ist zu befürchten, es werden noch viele flüchten müssen. Und, bilden wir uns nichts ein: Auch wenn es uns gut geht, auch wir werden noch einen Preis dafür zahlen müssen, egal ob bei den Energiepreisen oder wegen der ausbleibenden Weizen- und Sojalieferungen aus der Ukraine.

Diese Ereignisse haben in den letzten anderthalb Jahren auch einen großen Raum in der Lohmarer Politik eingenommen. Und an dieser Stelle möchte ich ein dickes Danke sagen an die gesamte Verwaltung, an der Spitze an Bürgermeisterin Claudia Wieja. Wie sie während ihres Urlaubes tagelang zusammen mit den Beigeordneten Andreas Behnke und dem ausgeschiedenen Peter Madel in der Hochwasserkrise organisiert und geholfen hat, war vorbildlich. Die Lohmarerinnen und Lohmarer, die von dem Hochwasser betroffen waren, haben eine Verwaltungsspitze, Abteilungsleiter und eine Feuerwehr erlebt, die vor Ort absolut präsent waren, sich um Strom gekümmert haben, sich zusammen mit Ehrenamtlern um Nothilfe gekümmert haben, zusammen mit einem Wahlscheider Gastwirt Essen organisiert haben und auch dafür gesorgt haben, das mittels Abfuhr durch Landwirte und einem Bauunternehmer und einer Zwischenlagerung der Müll schnell entsorgt und so verhindert wurde, das an diesen Stellen auch noch Gesundheitsschäden größerer Art entstanden sind.

Danke aber auch dafür, dass die Stadt zusammen mit „Lohmar Hilft“ blitzschnell eines der frühesten, effizientesten und größten Testzentren im Rhein-Sieg-Kreis auf die Beine gestellt hat und auch am Ende letzten Jahres noch einmal durch Impfen im Rathaus an mehreren Samstagen das Tempo der Impfungen hier in Lohmar erhöht hat.

Diese Ereignisse zeigen, dass eine alte Regel stimmt. In Laufe einer Wahlperiode werden Koalitionen vor Herausforderungen gestellt, die sie sich das beim Erstellen ihres Koalitionsvertrages nicht vorstellen können. Und die Bürgermeisterin hat das mit zusammen mit den Dezernenten gut gemeistert, die Koalition ebenfalls!

Und das, obwohl wir auch noch wichtige Personalwechsel vornehmen mussten und mit sehr gutem Personal auch besetzen konnten. An dieser Stelle nochmal an Marc Beer: Schade, dass Sie gegangen sind, Danke, dass Sie heute noch mal hier sind.

Gutes neues Personal zu finden, ist in diesen Zeiten für kleinere Verwaltungen eine nicht selbstverständliche Leistung! Und man ist versucht zu sagen, für manch große auch nicht, wenn der Blick nach Köln geht.

Aber wir haben das geschafft! Da sind zum einen die Beigeordneten Bernhard Esch und Andreas Behnke, da sind zum anderen aber auch Herr Kulartz als Kämmerer und Herr Loosen, der neue Leiter des Hauptamtes. Beide starten Ihre Amtszeiten in Kürze. Bürgermeisterin Claudia Wieja und die Fraktionen von Grünen, SPD und UWG können zusammen stolz auf diese Besetzungen sein. Wir haben hervorragende Beigeordnete und hervorragende Amtsleiter gefunden, übrigens in zwei Fällen parteilos.

Neben diesen nicht leichten Rahmenbedingungen gibt es in Lohmar Aufgaben, die in der Vergangenheit nicht zeitgerecht angegangen oder gelöst wurden und die diese Koalition und diese Verwaltung lösen wird.

Wir haben ja eben die Debatte über die dringend nötige neue Grundschule in Birk geführt. Bei allen anderen Schulen waren wir uns weitestgehend im Rat einig, das heißt auch bezüglich der Kosten für diese Schulen und den daraus resultierenden Abschreibungen haben zumindest in der Vergangenheit die Fraktionen das gemeinsam getragen. Die Grundschule in Birk ist die letzte der Grundschulen, alle mit erheblichen Mitteleinsatz ausgebaut oder umgebaut. Sie ist deswegen die letzte, weil der jetzige Schulbau auf drei Ebenen nicht mehr wirklich sanierbar oder erweiterbar war und die alte Mehrheit aus CDU und Grünen sich auch über diese Frage nicht mehr einigen konnte. Und dann ist es in der Politik so: Ungelöste Probleme suchen sich neue Mehrheiten.

Ich sage es auch hier noch einmal deutlich: Baukostensteigerungen gibt es allerorten! Baukostensteigerungen gibt es auch bei Sanierungen und es gibt sie auch bei konventionellen Baustoffen. Und bei den konventionellen Baustoffen wird es sie sogar in Zukunft wegen der CO2-Belastung und der Energiekosten noch viel mehr geben. Deswegen ist der Weg, den Grüne SPD und UWG schon in der letzten Wahlperiode eingeleitet haben und den wir jetzt konsequent fortsetzen richtig und wichtig. Und er ist auch deswegen richtig und wichtig, weil er den ökologischen Fußabdruck deutlich minimiert.

Meine Damen und Herren, aber es dreht sich nicht alles nur um Schule! Wir haben erhebliche Investitionen vor der Brust, da sind beispielsweise

  • die Digitalisierung – und bei der Gelegenheit noch einmal DANKE an die Bürgermeisterin, dass Sie es geschafft hat, die Telekom zu einer Zusage für den Glasfaserausbau in Neuhonrath zu bringen –
  • der Neubau des Bauhofes,
  • weitere Investitionen in Hochwasserschutzmaßnahmen, ich nenne hier nur den Auelsbach und den Hohnerbach,
  • die Eigenanteile für drei Brücken über die Agger müssen gestemmt werden,
  • die Kita Scheiderhöhe ist in einem nicht sanierbaren Zustand und muss neu gebaut werden,
  • der Neubau des letzten neu zu bauenden Feuerwehrhauses in Birk,

und vieles andere mehr.

Ganz wesentlich für die nächsten Jahre wird gerade vor dem Hintergrund der aktuell steigenden Energiepreise sein, dass wir solche städtischen Liegenschaften schnellstens im Wärmebereich sanieren und mit Photovoltaikanlagen ausstatten, bei denen sich das innerhalb weniger Jahre rentiert. Und deswegen haben wir Grüne zusammen mit SPD und UWG auch diesen Antrag für einen Haushaltsbegleitbeschluss auf den Weg gebracht.

Für all das braucht es Geld und auch qualifiziertes Personal und dafür diesen Stellenplan! Und wer die Investitionsausführungsquoten der letzten Jahre betrachtet, weiß dass wir da erheblichen Nachholbedarf haben.

Es ist unredlich, dass Sie, Herr Salgert und die Rest-FDP den Eindruck erwecken wollen, dass die notwendigen Steuererhöhungen zuvorderst mit der Mehrheit von Grünen, SPD und UWG zu tun hätten. Das ist falsch, dass sieht man bei den Kommunen im gesamten Rhein-Sieg-Kreis!

Und ich zitiere noch einmal unseren heute anwesenden ehemaligen Kämmerer Marc Beer (CDU) zum HH 2021:

Marc Beer: (…) „Die guten Vorzeichen des Doppelhaushaltes (2018/19) sind verschwunden und kehren wahrscheinlich bis 2024 nicht wieder zurück. (…) Das Jahr 2020 begann verheißungsvoll, die Steuererträge sprudelten. Doch dann kam Corona. (…) Im Jahr 2020 erstattet das Land Teile des Ausfalls der Gewerbesteuer, die pandemiebedingt sind. Die Einkommensteuer brach in 2020 erheblich ein. (…) Der Ihnen vorliegende Haushaltsplanentwurf für 2021 verzeichnet ohne Ausnahme in allen Planjahren hohe Defizite. Wir können zwar die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes vermeiden, jedoch sind die Wachstums- und Konjunkturprognosen schlecht. Die Steuererträge werden vielleicht Ende 2023 den Stand von 2019 haben.

Und weiter: Die Finanzdaten sehen für 2022 Steuererhöhungen vor. Es ist vorgesehen, die Realsteuern und die Hundesteuer zu erhöhen. Wir schlagen Ihnen bewusst in 2021 keine Steuererhöhungen vor, da ein Fünkchen Hoffnung bleibt, dass sich die Situation in 2021 wieder erholt und sich die finanzielle Lage besser darstellt, als heute angenommen.“

Davon kann keine Rede sein! Das Land hat entgegen früheren Versprechungen für 2021 KEINE Ausfälle der Gewerbesteuer kompensiert.

Und damals wie heute gilt: Wer die freiwilligen Leistungen beispielsweise im Sport und Schulbereich, aber auch bei der Kunst- und Musikschule aufrechterhalten will, muss ein Haushaltssicherungskonzept vermeiden.

Anrede,

jetzt kommt die CDU und behauptet populistisch, die Stadt könnte auf einen Teil der Erhöhungen verzichten. Sie liegen damit grundfalsch! Ich will Ihnen dafür zwei Gründe nennen:

Den ersten gab es schon im Dezember: Das Land gibt den Kommunen Rahmendaten vor, die unrealistisch sind: Zum einen werden die Tarifsteigerungen angesichts der Inflation höher sein und zum anderen sind Steigerungen der Landes-Schlüsselzuweisungen an die Kommunen prognostiziert, die von viel zu hohen Zuwächsen ausgehen, Hauptsache CDU/FDP kommen über die Landtagswahl. Wir weichen zwar leicht davon ab, aber das wird höchstwahrscheinlich nicht reichen.

Den zweiten Grund erleben wir grade, die Dimensionen sind schon jetzt gigantisch, aber in ihrer Gesamtheit nicht abzusehen: Die Energiekosten auch für die Stadt und die Folgen für die Wirtschaft mit den Erwartungen für die Steuereinnahmen. Ich zitierte eben Herrn Beer aus dem letzten Jahr und wiederhole es noch einmal: Die Steuererträge werden vielleicht Ende 2023 den Stand von 2019 haben. Das war vor mehr als einem Jahr, ohne die jetzigen Energiekosten, ohne Lieferkettenkrise, ohne Boykott. Und ich befürchte, dass wir uns in einem Jahr darüber unterhalten, dass die Kommunen auch auf erheblichen Kosten der Unterbringung für die jetzt kommenden Flüchtlinge sitzenbleiben, so wie das bis heute seit 2015 der Fall ist.

Ich sage Ihnen heute für die Koalition: Wenn es widererwarten alles anders kommt und die Zahlen des Landes eintreten und die wirtschaftlichen Folgen des Krieges uns nicht hart treffen, dann können wir über eine Steuersenkung sprechen, aber viel Hoffnung habe ich angesichts der Umstände nicht.

Seriös wäre es, wenn die CDU den Antrag zurückzieht und dem Haushalt zustimmt. Die Fraktionen von Grünen, SPD und UWG stimmen jedenfalls dem Haushalt und dem Stellenplan heute zu und legen so die Grundlage für die Arbeit der nächsten Jahre!

Hier geht es zum Antrag Haushaltsbegleitausschuss

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